Ferry Batzoglou über russische Pläne in Nordzypern
: Keil zwischen Nato-Partnern
Der Entschluss der Russischen Föderation, in Kürze konsularische Dienstleistungen „im nördlichen Teil“ von Zypern anzubieten, lässt aufhorchen. Wie Russlands Botschafter in Nikosia erklärte, sei „diese Entscheidung schon lange reif“. Sie habe „keine politischen Hintergründe“.
Damit meint er wohl, dieser Schritt dürfe nicht als Vorstufe einer Anerkennung der 1983 ausgerufenen „Türkischen Republik Nordzypern“ verstanden werden. Nordzypern wird international nur von der Türkei anerkannt. Nach der türkischen Invasion im Juli 1974 kam es zur De-facto-Teilung der Insel.
Diplomatische Bemühungen, die Teilung Zyperns zu überwinden, scheiterten immer wieder. Dem vermeintlich beruhigenden Botschafterstatement zum Trotz: Im Ukrainekrieg könnte Moskau die heikle Causa Zypern nutzen, um einen Keil zwischen die Nato-Partner zu treiben. Denn die Türkei, das einzige Nato-Land, das von Russland nicht als „unfreundlicher Staat“ eingestuft wird, will eine Zweistaatenlösung für Zypern.
Strikt dagegen ist nicht nur die Republik Zypern, seit 2004 EU-Mitglied, sondern auch das Nato-Land Griechenland, in Russlands Krieg in der Ukraine an der Seite Kiews. Moskau, aber auch Ankara – mit seiner Schaukelpolitik im Ukrainekrieg ohnehin ein Sonderfall in der Nato – , dürfte zudem die jüngste Verabschiedung eines Gesetzes im US-Kongress ein Dorn im Auge sein. Washington will weitere US-Militärbasen auf griechischen Inseln errichten.
Ferner stehen bilaterale Verhandlungen zwischen Athen und Ankara über latente Differenzen im östlichen Mittelmeer an. Die Regierung in Athen unter Premier Kyriakos Mitsotakis will dabei dem Vernehmen nach die Zypernfrage zwar bewusst ausklammern. Platzt Recep Tayyip Erdoğan aber im chronisch belasteten Verhältnis zu den USA der Kragen, könnte der andere Autokrat, Wladimir Putin, mit einem spektakulären Schachzug in der Zypernfrage nicht nur Erdoğan weiter auf seine Seite ziehen. Moskau würde so die türkische Invasion auf Zypern legitimieren – und damit auch seinen eigenen Angriff in der Ukraine.